Münster/Kreis
Kleve/Kreis Borken/Kreis Wesel (cpm).
Es werden mehr, doch bislang
ist es eher eine "gefühlte Zunahme", die die Mitarbeiter in den
Caritas-Beratungsstellen für Wohnungsnotfälle spüren. Junge Wohnungslose
pendeln zwischen Jugendhilfe und Wohnungsnotfallhilfe, aber keiner erreicht sie
so richtig, um wirksam helfen zu können. Das will das Projekt Wohnperspektiven
der Caritas in der Diözese Münster in den kommenden drei Jahren ändern.
"Wir wollen wissen,
wieviele
junge Erwachsene in
die Obdachlosigkeit abzurutschen drohen oder schon auf der Straße leben,"
erklärt Projektleiter Dr. Ulrich Thien, der das Referat Soziale Arbeit im
Diözesancaritasverband Münster leitet.
Das ist der erste
Schritt. Im zweiten geht es darum, welche Hilfen sie benötigen und wer sie
geben kann, um schließlich Netzwerke vor Ort knüpfen zu können, um Wohnungsnot
bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Ansatz zu verhindern. Die Caritas
erarbeitet dieses Konzept im Rahmen des "Aktionsprogramms Obdachlosigkeit
verhindern" des Landes Nordrhein-Westfalen an drei ländlichen Standorten.
Im Kreis Kleve ist der Caritasverband Kleve Projektpartner, im Kreis Borken der
Verein für katholische Arbeiterkolonien in Westfalen und im Kreis Wesel der
Caritasverband Moers-Xanten. Alle drei, so Ulrich Thien, verfügen über viel
Erfahrung in der Arbeit mit Menschen in Wohnungsnot. In Duisburg erprobt die
Diakonie die Verknüpfung dieser Hilfen parallel für eine städtische Region.
Gesetzlich ist
eigentlich alles geregelt. Ab 21 Jahren fallen die Klienten der
Wohnungsnotfallhilfe unter den Paragraphen 67 des Sozialgesetzbuchs XII, bis
dahin ist die Jugendhilfe zuständig. In der Praxis sieht es zunehmend anders
aus. Immer mehr unter 21jährige wenden sich schon an die Wohnungsnotfallhilfe,
weil sie zuhause rausgeworfen worden sind oder das Elternhaus selbst verlassen
haben, bei Freunden untergekommen sind oder tatsächlich kein Dach über dem Kopf
haben. Die Jugendhilfe erreicht sie nicht mehr, aber manchmal kommen sie in die
Wohnungsnotfallhilfe. "Diese Jugendlichen rutschen einfach durch",
sagt Thien.
"Wohnperspektiven" wolle deshalb ein
Wohnungsnotfallnetz für junge Menschen schaffen, um Jugendhilfe und
Wohnungsnotfallhilfe an einen Tisch holen. Damit vorbeugend so früh wie möglich
geholfen werden kann.
Dazu müsse aber erst
einmal herausgefunden werden, mit welchen Problemen sie kommen, um die
richtigen Hilfen zu finden und dann zu schauen, wo es sie gibt. Daraus könne
das Hilfenetz geknüpft werden, um zum Beispiel Jugend- und Sozialamt und auch
die Arbeitsagentur frühzeitig ins Boot zu holen, so Thien. Auch die Schuldner-
und Suchtberatung könnten gefragt sein oder Jugendausbildungsstätten, um auf
eine Ausbildung vorzubereiten. Ergebnis soll ein Leitfaden sein, der
flächendeckend übertragen werden kann.
89/2010
19. August 2010